Die erste Tagungsperiode des Generalkapitels der Brüder vom Hl. Johannes ging am Freitag, 10. Mai 2019 zu Ende. Im Laufe dessen haben die Brüder den neuen Generalprior sowie den Studienmeister und die Berater des Generalpriors gewählt.
Aufgrund der bedeutenden Phase, welche die Gemeinschaft derzeit durchlebt, war das Kapitel von einer gewissen Ernsthaftigkeit und Schwere geprägt. Es war aber auch gekennzeichnet von einer echten Brüderlichkeit, welche einen konstruktiven und wahrhaftigen Dialog ermöglicht hat. Es hat sich ebenso eine starke Einheit herausgebildet, was die Entschiedenheit betrifft, die eingeleiteten Reformmaßnahmen fortzusetzen, damit die Gemeinschaft zum Wohle aller ihr Charisma in der Kirche voll entfalten könne.
Es sei darauf hingewiesen, dass der schmerzhafte Prozess der Bewusstwerdung bei den Brüdern bezüglich der notwendigen Korrekturen und Reformen in sukzessiven Etappen erfolgt ist, ermutigt und unterstützt von den kirchlichen Autoritäten. Diese Reformarbeiten erreichten eine wichtige Etappe in 2013, als der Generalprior die sexuellen Missbrauchsfälle durch P. Marie-Dominique Philippe an die Öffentlichkeit gebracht hat. Zu den zahlreichen unternommenen Maßnahmen zählt die Errichtung einer internen Kommission im Jahr 2015. Diese hatte zum Zweck, Raum und Gehör für jedwede Beschuldigung gegen einen Bruder der Gemeinschaft zu geben und zu entscheiden, welche Maßnahmen zu treffen sind. Seit 2016 gehören dieser Kommission auch zwei Laien an, eine Psychologin und ein Jurist.
Als Mitglied dieser Kommission war P. François-Xavier, der am 7. Mai 2019 vom Generalkapitel zum Generalprior gewählt wurde, von den Zeugnissen der Opfer, die er selber gehört hatte, persönlich sehr betroffen und hat sich die Bilanz und Empfehlungen des Tätigkeitsberichts der Kommission zu eigen gemacht.
Der auf Wunsch des vorherigen Generalpriors, P. Thomas, verfasste Bericht wurde während dieses Generalkapitels vorgestellt. Er beschreibt die Missbrauchsfälle, die von der Kommission seit ihrer Gründung behandelt wurden, analysiert die Situationen, die dazu geführt haben und erfasst ihre Anzahl. Durch seine Genauigkeit und die enthaltenen Analysen ist der Bericht sehr lehrreich hinsichtlich der begangenen Missbrauchsfälle, ihrer Ursachen, ihrer Folgen für die Opfer und der noch ausstehenden notwendigen Schritte, um die begonnenen Reformen zum Abschluss zu bringen.
„Dieser Bericht, den wir bei diesem Generalkapitel vorlegen wollten, zeigt das beklagenswerte Übel, das unsere Gemeinschaft erschüttert hat und ist zugleich das Zeichen unserer Entschlossenheit, die bereinigenden Maßnahmen bis zum Ende durchzuziehen. Im Bewusstsein, dass ich als neu gewählter Generalprior die ganze Gemeinschaft vertrete, möchte ich alle Personen um Verzeihung bitten, die von unserem Gründer oder einem Mitbruder verletzt wurden“, erklärte der neue Generalprior. Er bekräftigte ebenso: „Wir müssen ganz klar die abnormen Seiten unseres Gründers bekennen. Wir müssen ebenso zugeben, dass die ihn beherrschende, schwerwiegende Unklarheit, welche durch gewisse Aspekte seiner Lehre weiter gegeben wurde zu jenen Missbrauchsfällen geführt hat und/oder sie ermöglicht hat, die seine persönliche Geschichte und jene der Gemeinschaft geprägt haben. Ich bin fest entschlossen, die begonnene Arbeit zu Ende zu führen, um das zu korrigieren und zu bereinigen, was dessen bedarf. Insbesondere müssen wir die in den letzten Jahren unternommenen Bemühungen zur geistlichen Begleitung in der Initialausbildung fortführen und die permanente Weiterbildung zu diesem Thema noch weiterentwickeln.
Ich habe im Laufe dieses Generalkapitels festgestellt, dass trotz der schwerwiegenden Inhalte unseres Austausches bei den Brüdern eine tiefe Freude herrschte, dessen Quelle Christus und auch unsere gemeinsame Verbundenheit mit dem Heiligen Johannes war, die Gestalt auf den sich unser Charisma stützt. Dies ging aus unseren Gesprächen am Ende des Kapitels hervor. Ich konnte auch sehen, dass die Brüder das Gebetsleben und den brüderlichen Umgang mit Hingabe leben. Ich bin mir also der noch anstehenden und notwendigen Aufgabengebiete bewusst, bin vertrauensvoll bezüglich der Zukunft und voller Dankbarkeit für das Wirken des Heiligen Geistes in unserer Gemeinschaft.“
Der Bericht der Kommission wird jedem Bruder übermittelt werden und das Generalkapitel verlangt in seiner Abschlussbotschaft „von der Leitung der Gemeinschaft, dass die Rezeption dieses Dokuments seitens der Brüder sorgfältig begleitet werden soll zugunsten einer tieferen Bewusstwerdung und einer gemeinschaftlichen Reform.“ Es ist vorgesehen, dass im Rahmen der zweiten Tagungsperiode des Generalkapitels vom 22. Oktober bis 1. November 2019 auf den Inhalt dieses Berichtes unter dem Blickwinkel mehrerer Problemstellungen nochmals eingegangen wird.
Seit der Veröffentlichung der sexuellen Missbrauchsfälle von P. Marie-Dominique Philippe im Jahr 2013 auf Initiative des Generalpriors wurden zahlreiche Maßnahmen ins Leben gerufen. Diese betreffen zugleich die Berufungsunterscheidung der Kandidaten, die Initialausbildung und Weiterbildung der Brüder hinsichtlich affektiven und sexuellen Fragestellungen, die Prävention von Pädophilie, die geistliche Begleitung und die Verfahren bei Anschuldigungen eines Bruders, insbesondere mit der Einberufung einer Ad-hoc-Kommission.
Am 18. Februar 2019 richtete der Vatikan ein Schreiben[1] an den Generalprior, in dem es heißt: „[das Dikasterium] anerkennt die unternommenen Maßnahmen und möchte alle Brüder und Schwestern des Hl. Johannes ermutigen, diesen Weg in Demut und mit Mut, Vertrauen und Entschiedenheit weiter zu gehen.“
Die Gemeinschaft der Brüder vom Hl. Johannes zählt derzeit ca. 500 Brüder (darunter 270 Priester) aus 34 Ländern, die auf ungefähr 50 Priorate auf allen fünf Kontinenten verteilt sind.
Pressekontakt: P. Johannes-Elias Schneider csj, fr.johannes.elias@stjean.com
[1] Siehe : https://freres-saint-jean.fr/2019/05/12/message-du-chapitre-general